Linienzugbeeinflussung (LZB)

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Strecken, die mit mehr als 160 km/h befahren werden, müssen bei der Deutschen Bahn mit einer linienförmigen Zugbeeinflussung ausgerüstet sein, durch die der Zug selbsttätig zum Halten gebracht und außerdem geführt werden kann. Auf anderen Strecken kann die LZB zur Leistungsfähigkeitssteigerung sinnvoll sein. Theoretisch ist mit der LZB ein Fahren im Bremswegabstand möglich. Für das Fahren auf Nicht-LZB-Strecken und als Rückfallebene steht auf allen mit LZB ausgerüsteten Fahrzeugen eine PZB-Ausrüstung zur Verfügung.

Die Linienzugbeeinflussung findet ihre Anfänge Ende der zwanziger Jahre in Deutschland. Damals erfolgten die ersten Versuchseinsätze dieser aus der Praxis der Selbstblockeinrichtungen weiterentwickelten Technik bei den U-Bahn-Betrieben von Berlin und Hamburg. 1963 führte die DB auf der 20 km langen Strecke Bamberg - Forchheim Schnellfahrversuche mit Geschwindigkeiten von 200 km/h durch. Im Jahre 1965 verkehrten zur "Internationalen Verkehrsaustellung (IVA)" zwischen München und Augsburg LZB ausgerüstete Züge der Deutschen Bundesbahn mit einer Geschwindigkeit von 160 bis 200 km/h. Betrieblich wurde die LZB im Jahre 1972 eingeführt. Im Jahr 1974 begann der Probebetrieb der LZB in Langschleifentechnik auf der Strecke Hamburg - Bremen. Die Erprobung der LZB in Kurzschleifentechnik erfolgte bei der DB ab 1977. Seit den 1980er Jahren wurde das LZB-Netz u. A. durch die Inbetriebnahme zahlreicher Neubaustrecken stark ausgeweitet (siehe Tabelle). Bei der DB Netz AG sind ca. 2500 km Strecken mit LZB ausgerüstet (57 LZB-Zentralen).

Entwicklung der Linienzugbeeinflussung
(Quelle: BahnPraxis 11/2007)

Die LZB ist ein rechnergesteuertes Zugsicherungs- und Zugsteuerungssystem. Sie sichert die Zugfahrten durch eine lückenlose Überwachung der Geschwindigkeiten und steuert sie mit Hilfe der Führerraumanzeigen oder direkt mittels der Automatischen Fahr- und Bremssteuerung (AFB). Dem Triebfahrzeugführer ermöglicht sie das "Fahren auf elektronische Sicht" über mehrere Blockabschnitte, da ihm über die kontinuierliche Führerraumsignalisierung der jeweils zur Verfügung stehende freie Fahrweg und der Bremsweg angezeigt wird. Die Führerraumanzeigen haben Vorrang vor ortsfesten Signalen und dem Fahrplan.

Da LZB-Züge nicht an den bei einer ortsfesten Signalisierung üblichen Bremsweg von 1000 m gebunden sind, können diese Züge mit höheren Geschwindigkeiten (> 160 km/h) verkehren. Durch die im LZB-Betrieb mögliche dichtere Blockteilung kann die Zugdichte deutlich erhöht werden. Durch die LZB wird sichergestellt, dass die Züge die örtlich zulässige Geschwindigkeit nicht überschreiten, den freigegebenen Fahrweg nicht verlassen und die streckenseitigen Signalisierungen umsetzen.

Für die LZB wird im Gleis eine Linienleiterschleife als Antenne verlegt. Eine Ader der Schleife liegt in Gleismitte, die andere seitlich in der Laschenkammer einer Schiene. Die beiden Adern werden alle 100 m gekreuzt. Mit Hilfe dieser Kreuzungsstellen als Referenzpunkte kann sich der Zug selbst grob orten. Die Feinortung innerhalb der 100-m-Schleifen geschieht durch Messung der Radumdrehungen des Triebfahrzeugs (Tfz). Die genaue Selbstortung des Fahrzeuge ist erforderlich, um den Zug durch die LZB zielgenau zum Halten zu bringen.

Die gesamte LZB-Strecke ist in LZB-Streckenzentralen unterteilt. Diese steuern jeweils einen ca. 50 bis 100 km langen Streckenbereich. Zwischen der Schaltzentrale, die einen Steuerbereich von max. 12,7 km (d. h. 127 nummerierte Abschnitte) besitzt, und dem Triebfahrzeug findet ein ständiger Datenaustausch statt. In der LZB-Zentrale liegen alle festen Daten des Streckenbereichs vor:

Von den Stellwerken werden die variablen Streckendaten

und vom LZB-Triebfahrzeuggerät die Zugdaten

an die LZB-Streckenzentrale übermittelt. Dort arbeiten drei identische Rechner nach dem 2-von-3-Prinzip. Aus den aktuellen Zugdaten und den variablen Streckendaten werden die Soll-Geschwindigkeit, der freie Bremsweg und weitere Zieldaten berechnet. Diese statische Geschwindigkeitskurve wird über den LZB-Linienleiter an das LZB-Fahrzeuggerät übertragen. Die Zugfolgesicherung erfolgt durch das Fahren im festen Raumabstand mit selbsttätigem Streckenblock. Neben der Übertragung dieser Kommandotelegramme an den Zug werden von der LZB-Zentrale auch Stell-Anforderungen an die Signal-Infrastruktur übermittelt.

Der Fahrzeugrechner berechnet vor jedem Geschwindigkeitswechsel, der mit einer Verminderung der Geschwindigkeit verbunden ist, eine Bremskurve. Damit ergibt sich auf dem Fahrzeug eine dynamische Überwachungskurve, nach der der Zug geführt wird. Der Fahrzeugrechner generiert die Führerraumanzeigen, zeichnet den Fahrverlauf auf und überträgt die aktuellen Werte auf die AFB. Falls notwendig löst der Rechner eine Schnellbremsung aus. Als Ergebnisse werden durch die Modulare Führerraumanzeige (MFA) folgende Informationen im Führerstand angezeigt:

Die LZB wird auf vielen Triebfahrzeugen (Tfz) durch eine automatische Fahr- und Bremssteuerung (AFB) ergänzt. Die von der LZB ermittelten Fahrdaten (z. B. Geschwindigkeit) werden durch die AFB direkt in die Steuerung der Zugfahrt umgesetzt. Die AFB bremst und beschleunigt den Zug also direkt, ohne Mitwirkung des Triebfahrzeugführers (Tf), anhand der von der LZB ermittelten und überwachten Daten. Dies bedeutet in letzter Konsequenz, dass auf den Tf verzichtet werden könnte. Die AFB selbst ist jedoch unabhängig von der LZB und kann für die Ausregelung der Höchstgeschwindigkeit auch auf Strecken ohne Linienleiter eingesetzt werden, wenn eine Geschwindigkeitsüberwachung im Tfz vorhanden ist und vom Tf die zulässige Höchstgeschwindigkeit von Hand mit dem sogenannten v-Soll-Geber vorgewählt wird.

Die ursprüngliche Variante der LZB ist bei der Deutschen Bundesbahn seit 1977 im Einsatz (LZB L72). Eine weitere Leistungsfähigkeitssteigerung auf Grundlage der Linienzugbeeinflussung ist mit dem System CIR-ELKE (Computer Integrated Railroading - Erhöhung der Leistungsfähigkeit im Kernnetz) auf Strecken der DB Netz AG möglich. Durch die Einführung angepasster Blockabschnitte (Hochleistungsblocks) und Teilfahrstraßenauflösung in Bahnhöfen sind kürzere Zugfolgezeiten und damit eine höhere Verkehrsdichte möglich. Mit CIR-ELKE (LZB L72-CE) ist ein Fahren mit Geschwindigkeiten > 280 km/h und auf Strecken mit einer Neigung größer als 12,5 bis maximal 40 o/oo möglich. Der erste Einsatz erfolgte ab Juni 2001 auf der CIR-ELKE-Pilotstrecke Offenburg - Basel in Betrieb (LZB L72-CE I). Für die Neubaustrecken Köln - Rhein/Main und Nürnberg - Ingolstadt, auf denen mit v = 300 km/h gefahren wird, wurde dieses System zur LZB L72-CE II erweitert. Künftig wird bei der Ausrüstung neuer Strecken der DB AG nur noch diese Variante der LZB eingesetzt.

Die Funkzugbeeinflussung (FZB) ist eine spezielle Form der LZB, bei der die Datenübertragung zwischen Fahrzeug und LZB-Zentrale über den mobilen Funkdienst GSM-R erfolgt, so dass auf den Linienleiter verzichtet werden kann. Im Rahmen der Vereinheitlichung der Zugbeeinflussungssysteme in Europa ist die Funkzugbeeinflussung als europäischer Standard im Rahmen des ETCS (Level 2) vorgesehen. Die erste FZB-Anwendungsstrecke wurde auf der Strecke Olten - Luzern in der Schweiz realisiert. Als erste Strecke bei der Deutschen Bahn ist die Ausbaustrecke Leipzig - Jüterbog - Berlin mit ETCS Level 2 ausgerüstet.

Literatur:

Weitere Informationen über die Systeme LZB, FZB und CIR-ELKE gibt es in Englisch auf www.sh1.org.
Mehr Informationen über die Sicherungs- und Stellwerkstechnik insgesamt gibt es auf www.stellwerke.de.


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