4.2 Anwendungsbereiche und Machbarkeit in Deutschland
Für die Beurteilung von Anwendungsfällen einer Zuflussdosierung sind zwei Einsatzkriterien von entscheidender Bedeutung [11]:
1. "Dichter Verkehr auf der Hauptfahrbahn mit geringen Zeitlücken für den zufahrenden Verkehr von der Zufahrtsrampe sowie
2. Zufahrtsrampen mit hoher Verkehrsbelastung und häufig auftretenden Pulks im direkten Einfädelungsbereich."
Das heißt, dass eine Zuflussdosierung überall dort sinnvoll ist, wo hochbelastete Autobahnabschnitte mit hochbelasteten Autobahnauffahrten zusammentreffen. Durch eine Zuflussdosierung kann dann die Verkehrssituation auf den betroffenen Autobahnabschnitten entscheidend verbessert werden.
Weitere Anwendungsbereiche für Zuflussdosierung sind nach den Erfahrungen aus den USA örtlich oder zeitlich begrenzte Engpässe im Straßennetz. Hier dient die Zuflussdosierung zur Vermeidung von Staubildung in den Engpässen selbst oder zur Verbesserung des Verkehrsflusses vor diesen Engpässen, so dass die Leistungsfähigkeit des Verkehrsweges, die von dem Engpass begrenzt wird, besser ausgenutzt werden kann.
Mit Hilfe der Zuflussdosierung lässt sich zwar die Leistungsfähigkeit einer Autobahn besser ausnutzen, die absolute Kapazitätsgrenze lässt sich aber nicht anheben. Wenn die Nachfrage die Kapazität des Verkehrsweges massiv und über einen längeren Zeitraum überschreitet, so ist eine Zuflussdosierung aufgrund des begrenzten Stauraums an den Zufahrten nicht in der Lage, die Verkehrsspitzen abzubauen. So führt nach Rheinhold und Glatz [9] bei regelmäßig auftretenden Kapazitätsengpässen kein Weg an einer Erweiterung der Infrastruktur vorbei, wenn die Möglichkeiten einer zusätzlichen zeitlichen, räumlichen oder modalen Verkehrsverlagerung ausgeschöpft sind. Im Zweifelsfall sollte dann der Ausbau der betroffenen Schnellstraße der Erweiterung des Stauraums an den Zufahrten vorgezogen werden.
4.2.2 Machbarkeit in Deutschland
Generell lassen sich die Verhältnisse in den USA auf Deutschland übertragen, auch wenn der Motorisierungsgrad und der Stellenwert des motorisierten Individualverkehrs in den USA um einiges höher ist. Die ersten Erfahrungen mit den Anlagen an der A 94 in München und an der A 40 im Ruhrgebiet zeigen auch, dass eine Zuflussdosierung ein probates Mittel der Verkehrsbeeinflussung ist, um den Verkehrsfluss auf Schnellstraßen zu verbessern.
Der Schlussbericht der Untersuchungen an der A 40 [11] empfiehlt den ALINEA-Algorithmus auch für Anwendungen an anderen Autobahnabschnitten in Deutschland, da sich dieser als der „robusteste und hinsichtlich der Parametereinstellungen am besten auf verschiedene örtliche Situationen einstellbare Algorithmus erwiesen“ habe. Dieser Bericht gibt auch Empfehlungen zur Vorgehensweise beim Aufbau weiterer Anlagen zur Zuflussdosierung:
"Zur Vorbereitung des Einsatzes der Zuflussregelung hat sich folgendes Vorgehen als am besten geeignet herausgestellt:
1. Ermittlung der Geometrie der Anschlussstellen sowie der Verkehrsverhältnisse auf der Hauptfahrbahn und den Zufahrtsrampen im betroffenen Bereich.
2. Ableitung charakteristischer Ganglinien für den Bereich der Hauptfahrbahn und der Zufahrtrampe, aus denen sich die möglichen Erstparameter für das Steuermodell ableiten lassen.
3. Simulation der Auswirkungen der Zuflussregelung bzw. – wenn dies nicht möglich ist – Parametervariation im Blindbetrieb vor Inbetriebnahme der Regelungsanlage zur Festlegung der Erstparameter für den offenen Probebetrieb separat für jede betroffene Anschlussstelle.
4. Begleitung des offenen Probebetriebes zur Optimierung der Parameter, wenn möglich mit zusätzlichen Videobeobachtungen zur Verifizierung der Ergebnisse." [11]
Die Erfahrungen, die in Deutschland mit den ersten Anlagen zur Zuflussdosierung gemacht wurden, bestätigen eigentlich nur die langjährigen Erfahrungen aus den USA, so dass die Frage der Machbarkeit in Deutschland positiv beantwortet werden kann. Wo eine Zuflussdosierung unter den oben genannten Gesichtspunkten sinnvoll erscheint, ist sie also generell als eine effektive Maßnahme zur Verkehrsbeeinflussung zu befürworten.