Verkehrsbeeinflussung durch Zuflussdosierung
2.3 Zuflussdosierung in Deutschland Inhaltsverzeichnis 3.1 Erfahrungen in den USA

2.4 Der Minnesota Algorithmus

Der Minnesota Algorithmus ist ein Verfahren zur Steuerung von Anlagen zur Zuflussdosierung nach dem "traffic responsive" Verfahren bzw. "area-wide control". Er soll hier als Beispiel für einen Steuerungsmechanismus kurz beschrieben werden. Die Beschreibung ist einer Dokumentation des Minnesota Department of Transportation [7] entnommen.

Die Grundgleichung

Als Zone wird hier ein Autobahnabschnitt betrachtet (in einer Fahrtrichtung), der in einem Bereich mit freiem Verkehrsfluss beginnt und deren Ende ein Engpass ist, an dem das Verhältnis von Nachfrage zu Kapazität am größten ist. Innerhalb dieser Zone liegen mehrere Auffahrten mit Zuflussdosierung, Ausfahrten und möglicherweise auch einige Auffahrten ohne Zuflussdosierung. Das Konzept basiert auf dem Gleichgewicht der Verkehrsmenge, die in die Zone hineinfährt, mit der Verkehrsmenge, die die Zone verlässt. Alle Verkehrsstärken werden in 30-Sekunden-Intervallen gemessen. Die Grundgleichung lautet dann folgendermaßen:

A + U + M + F = X + B + S

Bildet man daraus die Summer der Verkehrsstärken an Auffahrten mit Zuflussdosierung, so erhält man:

M + F = X + B + S - A - U

Jede Veränderung der gemessenen Variablen X + B + S - A - U wird ausgeglichen durch eine gesteuerte Veränderung von M + F.

Zielgrößen

Jeder einzelnen Variable, ausgenommen St, in der Gleichung Mt + Ft = Xt + Bt + St - At -Ut (t = target) wird eine Verkehrsstärke bezogen auf eine Stunde zugeordnet, die dem Datenspeicher der Detektoren entnommen wird. Dabei sind diese Größen der Median aus fünfzehn Tagen der jeweils größten Verkehrsstärke bezogen auf 60 Minuten. Diese Werte werden auf 5-Minuten-Verkehrsstärken umgerechnet. Der Wert für St wird gleich Null gesetzt, da im Zielzustand kein weiterer Platz für zusätzliche Fahrzeuge in der Zone verfügbar sein soll. Um bei Einsetzen dieser Größen in die Gleichung ein exaktes Gleichgewicht zu erreichen, wird der zufließende Verkehrsstrom (A) entsprechend angepasst. Die Werte dieser Gleichung sind dann die Zielgrößen, die auch als Standardwerte verwendet werden können, falls keine aktuellen Ergebnisse der Detektoren verfügbar sind.

Die gesteuerten Variablen M + F werden als Ergebnis der Zielgrößen und einer Reihe von weiteren Faktoren berechnet. Die Dosierungsfaktoren für Zufahrtsrampen (local access ramps) liegen zwischen 0,5 und 1,5 und für Verbindungsrampen (freeway-to-freeway ramps) zwischen 0,75 und 1,25. Daraus ergibt sich als minimale Durchlassrate M = 0,5 × Mt bzw. F = 0,75 × Ft. Der kleinere Spielraum für Verbindungsrampen berücksichtigt, dass diese Auffahrten höhere Verkehrsstärken haben und dadurch ein kleinerer Prozentsatz ausreicht, um die gleiche absolute Änderung der Verkehrsstärke zu erreichen. Außerdem soll dies die Wahrscheinlichkeit von Problemen durch Rückstau reduzieren.

Den gemessenen Variablen der Gleichung werden aktuelle Werte von Induktionsschleifen im Hauptstrom und den Auf- und Ausfahrtsrampen zugeordnet. Die Werte werden alle 30 Sekunden aufgenommen und die letzten zehn Werte dann zu 5-Minuten-Verkehrsstärken umgeformt. Die Daten für U (Auffahrten ohne Zuflussdosierung) und X (Ausfahrten) werden einmal in fünf Minuten aufgenommen und dann für die nächsten fünf Minuten verwendet. Der konstante Wert für B (üblicherweise 185 Fahrzeuge pro Spur) ist eine Konstante, die 1/12 der höchsten gemessenen Verkehrsstärke in einer Stunde entspricht.

Die Anzahl der Fahrzeuge, die sich zu einem Zeitpunkt in der Zone befinden, wird berechnet, indem zunächst die durchschnittliche Besetzung der Detektoren im Hauptstrom bestimmt wird. Diese Werte werden dann zusammengezählt und mit 1,1 multipliziert. Die aktuelle Anzahl der Fahrzeuge in der Zone wird dann von der Kapazität der Zone abgezogen. Die verbleibende Kapazität ist dann der noch verfügbare Raum (S) in der Zone.

"Volume Control" (Grenzwerte und Durchlassraten)

Jeder Auffahrt mit Zuflussdosierung werden sechs Durchlassraten (1 bis 6) zugeordnet, für die Dosierungsfaktoren nach Tabelle 2.5 gelten. Die Durchlassraten ergeben sich aus der Multiplikation dieser Dosierungsfaktoren mit den Zielgrößen der Durchlassraten. Die Auswahl der Durchlassrate wird aus dem Vergleich der gemessenen Variablen (X + B + S - A - U) mit einer Reihe von Grenzwerten bestimmt.

Durchlassrate 1 2 3 4 5 6
Dosierungsfaktor an Zufahrtsrampen 1,5 1,3 1,1 0,9 0,7 0,5
Dosierungsfaktor an Verbindungsrampen 1,25 1,15 1,05 0,95 0,85 0,75
Tab. 2.5: Durchlassraten und Dosierungsfaktoren

"Occupancy Control" (Überprüfung der Belegung)

Diese zonenabhängige Steuerung der Verkehrsstärke ("volume control") funktioniert gut bei unter­schiedlichen Verkehrsbedingungen, beruht aber darauf, dass die Kapazität des Verkehrsweges in der Zone nicht durch Zwischenfälle gestört wird. Um die Auswirkungen von Zwischenfällen, die zu kurzzeitigen Engpässen an beliebigen Stellen der Autobahn führen, zu minimieren, wird in Minnesota die "rate selection method" ("occupancy control") angewendet.

Ein Zwischenfall führt zu einer erhöhten Verkehrsdichte (höhere Belegung) auf dem Abschnitt vor dem Ort des Zwischenfalls. Mittels Induktionsschleifen wird die Belegung (Prozentsatz der Zeit in der eine Schleife belegt ist) in 30-Sekunden Intervallen über alle Spuren des Hauptstromes gemessen. Diese Gruppe von Schleifen wird Station genannt. Der Abstand der Stationen beträgt 800 Meter, was einer halben Meile entspricht. Die Belegung, die an den Stationen gemessen wird, wird mit Grenzwerten (üblicherweise 17 %, 18 %, 23 %, und 40 %) verglichen. Diese Grenzwerte entsprechen ungefähr einer Verkehrsdichte von 42, 45, 57 und 100 Fahrzeugen pro Meile mit einem Lkw-Anteil von 5 %. Der Grenzwert von 17 % erfordert die Durchlassrate von 3, 18 % eine Rate von 4, 23 % eine Rate von 5 und 40 % eine Rate von 6. Diese Raten 3, 4, 5 und 6 sind die gleichen wie oben unter "volume control" beschrieben.

Bei der "rate selection method" wird jede Auffahrt mit Zuflussdosierung den Stationen zugeordnet, die drei Meilen stromabwärts liegen. Die maßgebliche Durchlassrate wird ausgewählt, indem die größte gemessene Belegung während einer Minute an einer der Stationen zugrunde gelegt wird. Für die Zuflussdosierung an einer Auffahrt ist dann die kleinere Durchlassrate aus "volume control" und "occupancy control" maßgebend, wobei die Bestimmung der Durchlassrate alle 30 Sekunden erfolgt.

Zeitraum der Zuflussdosierung

Die Zeiträume, in denen die Zuflussdosierung aktiviert wird, umschließen die Zeiten des Hauptberufsverkehrs während der Werktage (jeweils Vormittags- und Nachmittagsspitze bzw. AM oder PM peak). Jede Zone zu der die Auffahrten zugeordnet werden, wird entweder als AM-Zone, als PM-Zone oder als AM- und PM-Zone deklariert. In einer Zone wird die Zuflussdosierung aktiviert, wenn die erwartete Verkehrsstärke am Engpass für mindestens eine Stunde gleich groß wie die Kapazität ist.

Die Vormittagsspitze hat eine Einschaltperiode (6:00 bis 7:00 Uhr), während der die Zuflussdosierungsanlagen sich einzeln oder in Gruppen einschalten, wenn eine Durchlassrate von 5 oder 6 erforderlich wird. Die Einschaltung erfolgt nicht früher, da der typische freie Verkehrsfluss zu Beginn der Spitze von großen Schwankungen der Verkehrsstärke gekennzeichnet ist. Erst wenn die Zuflussdosierung an einer Auffahrt einmal aktiviert ist, wird die Durchlassrate zwischen 1 und 6 variiert.

Im Zeitraum zwischen 7:00 und 8:00 Uhr ist die Aktivierung der Zuflussdosierung für alle Anlagen festgelegt (Phase der Zuflussdosierung).

Während der dritten Phase oder Ausschaltphase (8:00 bis 9:30 Uhr), wird die Zuflussdosierung an einer Auffahrt ausgeschaltet, wenn die Ankunftsrate der Fahrzeuge sinkt und sich die Auffahrt leert. Die Verkehrsstärke auf der Auffahrt hinter dem Lichtsignal wird alle fünf Minuten gemessen und mit der Anzahl der gezeigten Grünphasen, die in diesem Zeitraum gezeigt wurden, verglichen. Wenn die gemessene Verkehrsstärke weniger als 90 % der Grünphasen beträgt, wird die Zuflussdosierung ausgeschaltet.

Die Nachmittagsspitze wird genauso in drei Phasen aufgeteilt. Die Einschaltphase von 14:00 bis 15:30 Uhr, die Phase der Zuflussdosierung von 15:30 bis 17:30 Uhr und die Ausschaltphase von 17:30 bis 19:00 Uhr.

Weitere Steuermodelle

Als weitere Steuermodelle, die hier nicht weiter beschrieben werden, sind folgende lokale Steuerungsstrategien zu nennen [11]:

Im Rahmen von koordinierten Steuerungsstrategien wurden weitere Steuerungs­algorithmen entwickelt. Dazu zählen unter anderem [11]:

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