7 Fazit
Ziel dieser Arbeit war es zu zeigen, dass durch geeignete Maßnahmen wie die Baulandentwicklung an der Schiene und der Aufwertung der Bahnhofsumfelder eine Steigerung der Nutzung des Verkehrsmittels Bahn erreicht werden kann. Die Erfahrungen, die bisher mit einer Baulandentwicklung in der Nähe von Schienenhaltepunkten gemacht wurden, zeigen die positiven Auswirkungen auf den Anteil des ÖPNV bzw. SPNV am Gesamtverkehr deutlich auf. Durch eine Siedlungsentwicklung nach innen auf die Bahnhöfe lassen sich aber nicht nur positive Effekte für die Verkehrsentwicklung - weniger MIV, mehr ÖV -, sondern auch eine Steigerung der urbanen Lebensqualität erzielen. Durch die Reduktion des MIV, die stadträumliche Aufwertung der Bahnhofsumfelder und die verbesserte Integration des Bahnhofs in das städtische Gesamtgefüge wird die Situation für den nichtmotorisierten Individualverkehr erheblich verbessert. Hohe Wohndichten und Nutzungsmischung im Einzugsbereich der Schienenhaltepunkte ermöglicht eine Stadt der kurzen Wege und fördert damit den Fußgänger- und Fahrradverkehr.
Die Steigerung des ÖV-Anteils wird bei allen Konzepten durch zwei sich ergänzende Maßnahmen erzielt. Der erste Aspekt - die Stadt - ist die Orientierung der Siedlungs- und Gewerbeentwicklung auf die Bahnhöfe und damit auf den Schienenverkehr, mit den beschriebenen Bestandteilen. Der zweite Aspekt - die Bahn - besteht in der Ausweitung und Attraktivitätssteigerung des ÖPNV-Angebotes auf der Schiene zum einen, um neue Fahrgäste zu gewinnen, und zum anderen, um die erforderlichen Steigerungsraten infolge der anderen Maßnahmen ohne Überlastung des Verkehrssystems abdecken zu können. Diese erforderliche Kapazitätsausweitung des öffentlichen Nahverkehrs wird oft unterschätzt. Wenn große Teile des heute mit dem MIV abgewickelten Berufsverkehrs und auch die zu erwartenden Verkehrszuwächse mit der Bahn abgewickelt werden sollen, sind diese Investitionen in die Infrastruktur aber dringend notwendig. Dabei trägt ein flächendeckendes Angebot im öffentlichen Nahverkehr gleichzeitig zur Attraktivitätssteigerung bei.
Die Konzentration der Siedlungsentwicklung an Haltepunkten des Schienenverkehrs erhöht das Fahrgastpotenzial für die Bahn und begrenzt gleichzeitig die weitere Ausbreitung des Siedlungsfläche im Umland der Städte, trägt also zum sparsamen Umgang mit Flächenressourcen bei. Sowohl die vorhandenen städtische Infrastruktureinrichtungen als auch die schienengebundenen Verkehrssysteme werden dadurch besser ausgelastet und können so effizienter genutzt werden. Auch durch die Ansiedlung von Gewerbe und Dienstleistungsbetrieben an Standorten, die besonders gut mit dem SPNV zu erreichen sind, trägt dazu bei, den Anteil des öffentlichen Verkehrs vor allem im Berufs- und Versorgungsverkehr zu steigern.
Mit dem Konzept der Stadt- und Bahnperspektiven eröffnet sich die Stadt Krefeld eine große Möglichkeit, vorhandene Potenziale für eine zukunftsfähige Stadt- und Verkehrsentwicklung zu nutzen. Die Entwicklungsareale bieten die Möglichkeit, das Konzept der Baulandentwicklung an der Schiene, d. h. Siedlungs- und Gewerbeentwicklung, konkret umzusetzen und damit neue Potenziale für die Bahn zu erschließen. Die Aufwertung der Bahnhöfe und ihrer Umfelder trägt zur Attraktivitätssteigerung der Bahn bei. Mit dem dritten Teil - der Krefelder Promenade - wird zusätzlich zu den anderen Maßnahmen der Fußgänger- und Fahrradverkehr weiter gefördert. Durch die Aufwertung des Nahverkehrsangebotes auf der Schiene zur S-Bahn schafft der Verkehrsverbund die notwendigen infrastrukturellen Voraussetzungen. Diese Maßnahmen insgesamt unterstützen also die Nutzung des Verkehrsmittels Bahn und tragen so durch die Stärkung des Umweltverbundes zu einer Reduzierung des MIV-Aufkommens bei.
Die für den Bahnhofsbereich Uerdingen erarbeitete Konzeption setzt die Ergebnisse der Potenzialanalyse um, indem die Potenziale des Standortes genutzt und die Defizite beseitigt werden. Die Siedlungsentwicklung an der Schiene ist neben den Bahnhofsumfeldmaßnahmen ein integraler Bestandteil dieser Konzeption. In der durchgeführten Wirkungsabschätzung wurde gezeigt, dass bei einer Umsetzung aller Maßnahmen - Aufwertung des Bahnhofsumfeldes, Baulandentwicklung und S-Bahn-Einführung - enorme Fahrgastzuwächse für die Bahn zu erwarten sind. Dabei spielen vor allem die Zuwächse im Fußgänger- und Fahrradverkehr als Zubringer zur Bahn, die durch eine bessere Berücksichtigung dieser Verkehrsarten erzielt wurden, eine entscheidende Rolle. In bezug auf die Stadtentwicklung tragen diese Maßnahmen dazu bei, ein urbanes und lebenswerteres städtisches Umfeld zu schaffen.
Die Steigerung der Fahrgastzahlen infolge der Bahnhofsumfeldaufwertung und der S-Bahn-Einführung konnte, im Gegensatz zur Siedlungsentwicklung, hier nur grob abgeschätzt werden. Für eine Wirtschaftlichkeitsberechnung der S-Bahn-Einführung und der Investitionen in die Bahnhofsumfelder ist eine umfassende Fahrgastprognose notwendig. Das Ergebnis dieser Arbeit, dass der ÖPNV-Anteil durch geeignete Maßnahmen gesteigert werden kann, ist aber eindeutig. Auch die Synergieeffekte, die bei einer streckenbezogenen Ausbaumaßnahme bzw. Aufwertung aller Bahnhofsstandorte entlang der Strecke Mönchengladbach - Krefeld - Duisburg erzielt werden können, konnte hier nur am Rande behandelt werden. Es ist aber davon auszugehen, dass die die Effekte der einzelnen Bahnhofsumfeldmaßnahmen bei einer koordinierten Gesamtmaßnahme gegenseitig verstärken können.
Abschließend lässt sich die Frage stellen, inwieweit eine Verkehrsverlagerung auf die Schiene bzw. die Erzeugung von induziertem Verkehr auf der Schiene sinnvoll ist. Die Stadt Krefeld gehört zwar noch nicht zu den Städten, in denen die Kapazität der Infrastruktur für den MIV an ihre Grenzen stößt, dennoch wäre auch hier eine weitere Steigerung des MIV-Aufkommens mit Beeinträchtigungen der Umweltsituation und Lebensqualität in der Stadt verbunden. Da das Verkehrsaufkommen in Zukunft insgesamt weiter ansteigen wird, ist es wichtig diese zusätzlichen Verkehre umweltfreundlich abzuwickeln, um die aktuelle Verkehrssituation in den Städten nicht zu verschlechtern. Dazu tragen die Attraktivitätssteigerung und Kapazitätserweiterung der Bahn bei.
Ein weiteres Argument spricht für die Bemühungen, die Bahnnutzung zu steigern. Auf Grund der angespannten Haushaltslage der öffentlichen Kassen wird Aspekt der Wirtschaftlichkeit auch für den Betrieb von Nahverkehrssystemen immer wichtiger. Um ein attraktives Nahverkehrsangebot auf der Schiene realisieren zu können, ist es daher wichtig alle vorhandenen Fahrgastpotenziale auszuschöpfen bzw. neue Potenziale zu erschließen, um die Auslastung der Schienenverkehrsmittel zu steigern. Nur dann ist es möglich, ein umfangreiches Angebot im öffentlichen Personennahverkehr zu betreiben und damit die Mobilität für alle Bevölkerungsgruppen zu sichern.
Für die Stadt und den Verkehrsverbund bestehen verschiedene Anreize, die Aufwertung der Bahnhofsumfelder und des Nahverkehrsangebotes zu verwirklichen. Auf der einen Seite ist durch ein höheres Fahrgastpotenzial bzw. Fahrgastaufkommen und die dadurch steigenden Einnahmen eine Defizitverringerung im öffentlichen Nahverkehr möglich. Durch kompakte Siedlungen nach dem Leitbild der Stadt der kurzen Wege verringern sich die Ausgaben für soziale Infrastruktureinrichtungen, da die vorhandenen intensiver genutzt werden können. Gelingt es durch diese Maßnahmen eine Steigerung des MIV-Aufkommens zu verhindern, reduzieren sich auch die Aufwendungen für den Straßenbau. Insgesamt werden also so die Belastungen der öffentlichen Hand verringert.
Wie am Beispiel der Stadt Krefeld gezeigt wurde, sind die Konzepte der Baulandentwicklung an der Schiene und der Stadt der kurzen Wege und die Aufwertung der Bahnhofsbereiche geeignet, eine zukunftsfähige Stadt- und Verkehrsentwicklung in vielen Städten auch außerhalb Deutschlands zu sichern. Durch die Umsetzung dieser Konzepte kann die Nutzung des Verkehrsmittels Bahn gesteigert, das MIV-Aufkommen reduziert und der umweltfreundliche Fahrrad- und Fußgängerverkehr gefördert werden. Die Konzentration der Siedlungsentwicklung im städtischen Umfeld verhindert eine Ausweitung der Siedlungsfläche im Umland und schont damit wichtige Flächenressourcen.
Bei entsprechender Motivation und persönlichem Einsatz der Beteiligten, die zumindest bei den Planern im Stadtplanungsamt (Stadt- und Bahnperspektiven) und beim Verkehrsverbund (S-Bahn Planung) vorhanden sind, kann erwartet werden, dass die zukünftige Stadt- und Verkehrsentwicklung in Krefeld viele positive Effekte für die Lebensqualität von Bewohnern und Besuchern haben wird. Wenn auch die notwendige Unterstützung von politischer Seite, sowohl auf kommunaler Ebene als auch auf Landesebene, gewonnen werden kann, können die in der Stadt Krefeld vorhandenen Potenziale für eine zukunftsfähige Stadt- und Verkehrsentwicklung erfolgreich genutzt werden.