6.3 Chancen für die Stadt- und Verkehrsentwicklung
Die Aufwertung der Bahnhofsumfelder und die Siedlungsentwicklung am Bahnhof im Rahmen der "Stadt- und Bahnperspektiven Krefeld" und insbesondere am Standort Krefeld-Uerdingen bietet enorme Chancen für die Stadt- und Verkehrsentwicklung. Im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung ist sowohl das ressourcenschonende Bauen durch die Nutzung vorhandener innerstädtischer Brachflächen und Verdichtungspotenziale als auch die schonende Abwicklung des Verkehrs durch Förderung des Umweltverbundes von entscheidender Bedeutung. Im vorherigen Abschnitt wurde aufgezeigt, wie durch geeignete Maßnahmen die Bahnnutzung gesteigert werden kann. Auch für die anderen Verkehrsmittel des Umweltverbundes sind diese Maßnahmen von Bedeutung.
Für die anderen öffentlichen Verkehrsmittel am Bahnhof Uerdingen, also die Straßenbahn und die Buslinien, ergeben sich die gleichen Vorteile wie für die Bahn. Vor allem durch den Tunneldurchstich wird die Erreichbarkeit dieses ÖV-Verknüpfungspunktes stark verbessert. Die Bewohner des Wohngebietes nordwestlich der Bahnstrecke erhalten einen direkten Zugang zur Straßenbahn, die für die Verbindung in die Krefelder Innenstadt wichtig ist. Die Steigerung der Attraktivität des Bahnhofsumfeldes insgesamt erhöht auch die Attraktivität des öffentlichen Verkehrs, so dass der Anteil des ÖPNV zu Lasten des MIV-Anteils gesteigert werden kann. Der Ausbau und die Verbesserung der Fuß- und Radwegeverbindungen in Uerdingen trägt zur Förderung des nichtmotorisierten Individualverkehrs, nicht nur im Zubringerverkehr, bei. Insgesamt sind diese Maßnahmen also geeignet, um eine Verkehrsverlagerung vom MIV auf die Verkehrsmittel des Umweltverbundes zu unterstützen.
Für den Stadtteil Uerdingen hat der Tunneldurchstich aber eine noch weitreichendere Bedeutung. Er verbindet die zwei Uerdinger Stadthälften direkt miteinander und rückt den Bahnhof in die Mitte des Stadtteils. Vor allem für die neuen Einwohner des Siedlungsbereiches auf de Babcock-Gelände ist der Bahnhofstunnel die direkte Verbindung zur Uerdinger Innenstadt. Durch die zwei sich im Bahnhof kreuzenden Fuß- und Radwegeverbindungen Krefelder Promenade und Stadtpark - Bahnhof - Innenstadt/Rheinufer erhält der Bahnhof eine zentrale Verbindungsfunktion im Stadtteil. Durch die Nutzungen im Bahnhofsumfeld wird das Einzelhandelsangebot erweitert und trägt damit zu einer Attraktivitätssteigerung der Uerdinger Innenstadt als Einkaufsziel bei. Das stärkt die Funktion Uerdingens als Mittelzentrum mit regionalem Einzugsbereich.
Die Nutzungsmischung im Bahnhofsumfeld aus Wohnen, Geschäfts- und Büronutzung liefert einen Beitrag zum Ziel der Verkehrsvermeidung. Durch die räumlich nahe Anordnung von Wohnungen, Arbeitsplätzen und Versorgungsmöglichkeiten wird die "Stadt der kurzen Wege" ermöglicht. Dies führt durch die Verkürzung der Wegeweiten zum einen zur direkten Verkehrsvermeidung und zum anderen zur Stärkung des NMIV, da der Fußgänger- und Fahrradverkehr auf diesen kurzen Wegen attraktiver ist.
Zwischen der Stadtentwicklung und der Verkehrsentwicklung besteht eine enge Abhängigkeit. Durch die Verkehrsvermeidung bzw. die Verlagerung des Verkehrs auf umweltfreundliche Verkehrsmittel werden die Stadträume vom MIV entlastet und dadurch lebenswerter. Eine attraktive Stadtgestaltung, die die Bedürfnisse des Fußgänger- und Fahrradverkehrs stärker berücksichtigt, fördert sowohl den nichtmotorisierten Verkehr als auch den ÖPNV, zu dem der NMIV ein wichtiger Zubringer ist. Auf diese Weise wird durch die Stadtentwicklung auch die Reduzierung des MIV vorangetrieben. In seiner Diplomarbeit beschreibt J.-M. Stuhm die Wechselwirkung zwischen Stadt- und Verkehrsentwicklung folgendermaßen:
Durch die Kombination der Verkehrsfunktion des Bahnhofs mit einem urbanen Umfeld erfolgt eine optimale Verknüpfung der Fußgängerströme mit dem ÖPNV. Die höhere Frequentierung des Bahnhofsvorplatzes ist eine Folge der gestiegenen Attraktivität der Bahn (Bahnnutzer), der neuen Fuß- und Radwegeverbindung durch den Bahnhof (Durchgangsverkehr) und der im Bahnhofsbereich angesiedelten Geschäfte und Dienstleistungsbetriebe (Besucher- und Kundenverkehr). Die Uerdinger Innenstadt wird dadurch um einen ergänzenden städtebaulich attraktiv gestalteten Bereich erweitert. Dadurch wird einerseits die Lebensqualität der Uerdinger Bevölkerung, andererseits aber auch die Attraktivität des Stadtteils Uerdingen für auswärtige Besucher insgesamt gesteigert.