Stadt- Bahnperspektiven: Wirkungsabschätzung der räumlich-funktionalen Aufwertung des Bahnhofsbereiches Krefeld-Uerdingen
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5    Räumlich-funktionale Konzeption für den Bahnhofsbereich Krefeld-Uerdingen

Die auf Grundlage der in Kapitel 4 vorgenommenen Potenzialanalyse erarbeitete Konzeption für das Bahnhofsumfeld Krefeld-Uerdingen ist in Abbildung 5.5 als Übersicht und in Abbildung 5.6 für den näheren Bahnhofsbereich am Ende des Kapitels graphisch dargestellt. Die wichtigsten Bestandteile dieses Konzeptes - die Baulandentwicklung im Umfeld, die Verbesserung der Zugänglichkeit und die städtebauliche Aufwertung - werden nachfolgend ausführlich erläutert. Von Seiten der Stadt Krefeld (Stadtplanungsamt) existieren zwar eigene Planungen für den Bahnhofsbereich Krefeld-Uerdingen und das Babcock-Gelände, das im folgenden dargestellte Konzept wurde aber unabhängig davon erarbeitet.

5.1   Baulandentwicklung im Bahnhofsumfeld

Im Einzugsbereich des Bahnhofs wird eine Baulandentwicklung durchgeführt, die sowohl eine Siedlungs- als auch eine Gewerbeentwicklung umfasst. Das große Areal des Babcock-Geländes nordwestlich der Bahnstrecke wird zu einem neuen Wohnsiedlungsbereich entwickelt. Angesiedelt werden hier ca. 950 neue Einwohner [14]. Dabei ist an der Lange Straße Geschosswohnungsbau vorgesehen, in dem teilweise auch Geschäfts- und Büronutzung untergebracht wird. Dieser Gebäuderiegel dient gleichzeitig als Schallschutz für die dahinterliegenden Wohnhäuser. Direkt gegenüber dem neuen Bahnhofsausgang (Tunneldurchstich siehe 5.2) öffnet sich ein Platz an dem die Fuß- und Radwegverbindung zum Stadtpark beginnt. An diesem Platz konzentriert sich die Geschäftsnutzung nordwestlich des Bahnhofs. Das Einwohnerpotenzial dieses neuen Siedlungsbereiches soll durch eine flächensparende Bauweise (mehrgeschossige Reihenhäuser sowie Mehrfamilienhäuser) und optimale Flächenausnutzung möglichst maximiert werden. Dies ist wichtig zur Erhöhung des Fahrgastpotenzials im Einzugsbereich des Bahnhofs und zur Erhaltung und Belebung des im Bahnhofsbereich vorgesehenen Einzelhandels- und Dienstleistungsangebotes.

Durch die Berücksichtigung des kostengünstigen Bauens und sozialen Wohnungsbau soll das Wohngebiet auch für Haushalte mit niedrigeren Einkommen attraktiv werden, so dass durch die höhere öPNV-Affinität dieser Haushalte eine stärkere Steigerung der Bahnnutzung erreicht werden kann. Durch geeignete Konzepte soll ein öPNV-orientiertes Wohnen in der Nähe des Bahnhofs ermöglicht und damit die Bahnnutzung gefördert werden. Dazu gehören offensive Vermarktungsstrategien, die die Bahn durch gezielte Information (Fahrpläne, Tarif, Serviceangebote) und durch Schnupperangebote stärker in das Bewusstsein der Bevölkerung rücken. Die Abgabe verbilligter Zeitkarten nicht nur über die Unternehmen an die Arbeitnehmer (Job-Ticket), sondern auch über die Wohnungsbaugesellschaften an die Bewohner ist ein Beitrag zur Förderung des ÖPNV. Weitere Möglichkeiten sind die Ausgabe einer Netzkarte für das Verbundgebiet an die Haushalte beim Erwerb von Wohnraum oder auch Komplettangebote wie Car-Sharing oder Fahrradmitnahme, um die Autoabhängigkeit zu verringern [vgl. ILS 1990, S. 57].

Die wichtigste Maßnahme zur Verringerung des Pkw-Besatzes und der Autoabhängigkeit ist die Förderung des autofreien Wohnens. Dazu gehört in der Regel die Sperrung des öffentlichen Raumes im autofreien Wohngebiet für den MIV, die drastische Reduzierung der Pkw-Stellplätze und eine Selbstverpflichtung der Bewohner zum Verzicht auf ein eigenes Auto. Eine Diskussion des Konzeptes des autofreien Wohnens und eine Untersuchung, ob dafür sowohl die Möglichkeit als auch eine ausreichende Nachfrage in Krefeld vorhanden ist, würde aber den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Im Rahmen dieser Konzeption werden die Anliegerstraßen des neuen Wohngebietes als verkehrsberuhigte „Spielstraßen“ ausgeführt und die Zahl der Pkw-Stellplätze auf maximal einen pro Wohneinheit verringert. Durch Car-Sharing und das Angebot eines verbilligten Monatstickets sollen die Haushalte zu einem Verzicht auf ein eigenes Auto angeregt werden.

Weitere Wohnungen entstehen auf der südöstlichen Seite der Bahnstrecke an der Bahnhofstraße. Dort ist Geschosswohnungsbau für ca. 170 neue Bewohner vorgesehen. Um eine ausgewogene Nutzungsmischung im Bahnhofsumfeld zu erreichen, werden im Erdgeschoss dieser Häuser vor allem rund um den Bahnhofsvorplatz Geschäfte angesiedelt. Vorgesehen sind hier kleinteiliges Geschäftsnutzungen aus hochwertigem Einzelhandel, Versorgungs- und Dienstleistungsbetrieben. Büronutzungen werden etwas weiter entfernt vom Bahnhof vor allem an der der Bahnstrecke zugewandten Seite angeordnet. Durch die Konzentration der Geschäfte im unmittelbaren Bahnhofsbereich soll der Bahnhof als zentraler Ort für Einkauf und Versorgung gestärkt werden. Durch die Büronutzung werden in Bahnhofsnähe aber auch neue Arbeitsplätze geschaffen, die dann optimal mit dem SPNV erreichbar sind.


Abbildung 5.1: Wohnungsneubau am Stadtpark (links) und an der Parkstraße (rechts) in Krefeld-Uerdingen

Bei der Gewerbeentwicklung ist wichtig, dass durch die Ansiedlung von Dienstleistungs- und Einzelhandelsbetrieben ein großes Potenzial für den Kunden-, Besucher- und Beschäftigtenverkehr geschaffen wird, um die Zentrenbildung zu fördern und die Bahnnutzung zu steigern. In Abstimmung mit dem Einzelhandelsangebot in der Uerdinger Innenstadt soll am Bahnhof kleinteiliger Einzelhandel mit einem vielfältigen Branchenmix realisiert werden. Die Bevorzugung publikums- und kundenintensiver Einzelhandelseinrichtungen soll die Kundenströme erhöhen und durch die Handlichkeit des Warensortiments kann der Umweltverbund im Kundenverkehr gestärkt werden. Dadurch wird eine hohe Frequentierung des Bahnhofsumfeldes und eine Stärkung des ÖPNV und Fahrrad- und Fußgängerverkehrs erreicht. Ähnliches gilt für die Dienstleistungsangebote, wo vor allem besucherintensive Einrichtungen wie Arztpraxen, Reisebüros, Friseur etc. zu bevorzugen sind. (vgl. Stuhm 1995, S. 36f). Eine hohe Beschäftigtenzahl ist für die Büronutzung, d. h. für die Ansiedlung tertiärer Arbeitsstätten, anzustreben. Das ist natürlich nur soweit möglich, wie die Nachfrage nach Büroflächen dies zulässt. Diese Maßnahme sichert aber die Erreichbarkeit einer möglichst großen Zahl von Arbeitsplätzen mit dem SPNV und trägt so dazu bei, den Anteil des MIV am Berufsverkehr zu verringern.

Die Berechnung der Einwohner- und Beschäftigtenzahlen aus der Siedlungs- und Gewerbeentwicklung erfolgt auf Grundlage der Bruttobaulandfläche. Für allgemeine Wohngebiete (WA) wird in [HLSV 1999] eine Bruttowohndichte von 100 - 150 Einwohner pro ha Bruttowohnbaufläche angegeben. Nach [Prinz 1995, S. 194] ergibt sich für Reihenhäuser ein unterer Wert für die Nettowohndichte von 170 EW/ha, was einer Bruttowohndichte von 140 EW/ha entspricht [15]. Mit diesem Wert, der im oberen Bereich der Bandbreite nach [HLSV 1999] liegt, wird die Einwohnerzahl aus der Siedlungsentwicklung berechnet. Da die Beschäftigtendichte im Gegensatz zur Wohndichte nicht so genau festgelegt werden kann, wird zur Ermittlung der Beschäftigtenzahlen eine Bandbreite von 50 - 100 Beschäftigten pro ha Bruttobauland nach angesetzt [vgl. HLSV 1999, S. 24]. Die berechneten Einwohner- und Beschäftigtenzahlen der neuen Siedlungs- und Gewerbebereiche sind in Tabelle 5.1 zusammengefasst.

 Wohngebiet Nutzungsart Bruttobaufläche
[ha]
Anteil der Wohnnutzung Einwohner
[EW]
Beschäftigte
[BE]
 Bruttodichte [1/ha]       140 50 - 100
 Babcock-Gelände (Teil 1) WA 6,0 100 % 840 0
 Babcock-Gelände (Teil 2) MI 2,0 40 % 112 60 - 120
 Bahnstrecke Ost MI 3,0 40 % 168 90 - 180
 Summe   12,0   1120 150 - 300
Tabelle 5.1: Abschätzung der Einwohner- und Beschäftigtenzahlen aus Siedlungs- und Gewerbeentwicklung in Krefeld-Uerdingen

Durch Nachverdichtung können im Stadtteil Uerdingen weitere Wohnungen geschaffen werden. Im Innenstadtbereich, zwischen Bahnstrecke und Rhein, besteht die Möglichkeit die zahlreich vorhandenen Baulücken zu schließen. Nordwestlich der Bahnstrecke war bereits in der Vergangenheit eine rege Bautätigkeit zu beobachten (siehe Abbildung 5.1). Durch eine Fortsetzung dieser Entwicklung können hier, neben der Siedlungsentwicklung auf dem Babcock-Gelände, weitere Wohnungen geschaffen werden. Durch die Nachverdichtung werden die vorhandenen Siedlungsbereiche abgerundet und die vorhandenen kleinteiligen Flächenreserven genutzt. Der Einwohnerzuwachs ist aber im Vergleich mit den neuen Wohngebieten eher gering und wird daher hier nicht weiter berücksichtigt.


[14] Die Bauleitplanung der Stadt Krefeld für das Babcock-Gelände (Bebauungsplan Nr. 610) geht von einer Einwohnerzahl von 600 EW aus, durch die kompakte Bauweise soll aber eine höhere Siedlungsdichte und damit eine größere Einwohnerzahl erzielt werden.
[15] Bei einer Differenz von Netto- zu Bruttowohnbauland von 20 %.

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