Stadt- Bahnperspektiven: Wirkungsabschätzung der räumlich-funktionalen Aufwertung des Bahnhofsbereiches Krefeld-Uerdingen
Abschnitt 4.2 Inhaltsverzeichnis Abschnitt 5.1

4.3   Ziele einer Konzeption für die Aufwertung des Bahnhofbereiches

4.3.1  Relevante Einflussfaktoren   [ 1 | 2 | 3 ]

Das erklärte Ziel der Aufwertung des Bahnhofsumfeldes in Krefeld-Uerdingen ist es, mehr Fahrgäste für die Bahn zu gewinnen. Zum einen soll der Bahnhof attraktiver für bisherige MIV-Nutzer werden, zum anderen sollen die zukünftig generierten Neuverkehre hauptsächlich mit der Bahn abgewickelt werden. Um dieses Ziel zu erreichen ist es wichtig, die Faktoren zu identifizieren, die die Bahnnutzung beeinflussen und die auch durch gezielte Planung steuerbar sind.

Die Auswirkungen, die sich aus den geplanten Maßnahmen am Bahnhof ergeben, betreffen aber nicht allein die Bahnnutzung. Auch die anderen öffentlichen Verkehrsmittel am Bahnhof, hier vor allem die Straßenbahn, können von einer Aufwertung des Bahnhofsbereiches profitieren. Ebenfalls zu berücksichtigen sind die Auswirkungen auf die Funktion des Bahnhofs im städtischen Gesamtgefüge.

Wie anhand des Sensitivitätsmodells F. Vester in einer Seminararbeit von David Hasse [Hasse 1999] herausgearbeitet worden ist, haben verschiedene Wirkungsbereiche einen Einfluss auf die Nutzungshäufigkeit des Verkehrsmittels Bahn.  Dies sind vor allem die Angebotsqualitäten der verschiedenen Verkehrsmittel (MIV, ÖV, NMIV, Bahn), die räumlich-funktionale Attraktivität des Bahnhofs als Verknüpfungspunkt, die Integration ins städtische und regionale Netz und die Nutzungsqualität im Bahnhofsumfeld. Die Potenziale der Bahnflächenentwicklung haben nach [Hasse 1999] keinen Einfluss auf die Bahnnutzung. Dies widerspricht allerdings den Erfahrungen, die im Zusammenhang mit dem Konzept der Baulandentwicklung an der Schiene gemacht wurden (siehe Kapitel 2).

Die Abstimmung der Aktivitätenstandorte für Wohnen, Arbeiten, Einkaufen und Freizeit auf eine optimale Erreichbarkeit mit dem ÖPNV bzw. SPNV ist eine Maßnahme, die Vorraussetzung für eine Steigerung der Bahnnutzung ist. Die Siedlungsentwicklung nach innen auf die Bahnhöfe und die Nutzungsmischung im Bahnhofsumfeld sind wichtige Voraussetzungen einer Strategie der "Stadt der kurzen Wege". Durch diese Maßnahmen lässt sich die optimale "Kombination von SPNV als gesamtstädtisches und -regionales Verkehrssystem und den nichtmotorisierten Verkehrsarten als ein Nahbereichsverkehrsmittel" erreichen [Stuhm 1994, S. 21]. Die gute Erreichbarkeit, die attraktive Gestaltung und eine sinnvolle Funktionalität der Bahnhöfe trägt dazu bei, die Zugangsbedingungen zum Bahnhof als Systemeinstiegspunkt des SPNV aufzuwerten. Der Bahnhof ist die Schnittstelle zwischen den Zubringerverkehrsmitteln des ÖPNV und dem Schienenverkehr, wodurch auch Ortschaften angebunden werden, die nicht vom SPNV erschlossen werden. Die Optimierung all dieser Elemente kann dazu beitragen, die Bahn als Verkehrsmittel gegenüber dem Pkw attraktiver zu machen.

Zur Bewältigung des steigenden Verkehrsaufkommens sind betriebliche, organisatorische und bauliche Angebotsverbesserungen im ÖPNV notwendig. Diese Maßnahmen haben aber gleichzeitig Auswirkungen auf die Attraktivität des ÖPNV insgesamt. Die Verbesserung der Angebotsqualität der einzelnen Verkehrsmittel und deren Verknüpfung am Bahnhof ist nicht Bestandteil dieser Arbeit. Dennoch müssen Einflüsse dieser Bereiche auf die Bahnnutzung berücksichtigt werden. Die Verbesserung des Nahverkehrsangebotes auf der Schiene durch die Einführung der S-Bahnlinie S 21 wurde im Abschnitt 3.2 beschrieben. Bei der Formulierung der Ziele für ein räumlich-funktionales Konzept für den Bahnhofsbereich Krefeld-Uerdingen wird hier das Hauptgewicht auf folgende vier Aspekte gelegt: Die räumlich-funktionale Attraktivität des Bahnhofs, die Integration in den Stadtteil, die Nutzungsqualität im Bahnhofsumfeld und die Siedlungsentwicklung an der Bahn.

Ein weiterer wichtiger Einflussfaktor ist die Informationspolitik im Umfeld der Durchführung von Maßnahmen zur Aufwertung des Bahnhofsumfeldes und des Verkehrsangebotes. Die ausführliche Information der Öffentlichkeit über die geplanten Maßnahmen ist für den Gesamterfolg mitentscheidend. Mögliche Bestandteile einer guten Informationspolitik sind z. B. die Bürgerbeteiligung in der Planungsphase und eine offensive Öffentlichkeitsarbeit zur Vermarktung der neuen Angebote.

4.3.2  Städtebauliche Ziele   [ 1 | 2 | 3 ]

Räumlich-funktionale Attraktivität

Die Grundlage für die Steigerung der räumlich-funktionalen Attraktivität des Bahnhofsumfeldes ist eine sinnvolle Gestaltung des Bahnhofsvorplatzes. Dazu gehört die räumliche Fassung des Platzes möglichst durch Gebäude als Platzbegrenzung. Dabei muss eine geeignete stadträumliche Maßstäblichkeit erzielt werden. Zur attraktiven Platzgestaltung gehört die Begrenzung der MIV-Verkehrsfläche, die Verringerung der Trennwirkung der Straße und die Verbesserung der Aufenthaltsqualität für Fußgänger durch Begrünung und Sitzgelegenheiten. Die Attraktivität für den Fußgängerverkehr ist am Bahnhof deshalb so wichtig, da bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln jeder Fahrgast zum Fußgänger wird. Durch Umsteigevorgänge, die Zugangs- und Abgangswege wird immer ein Teil des Weges zu Fuß zurückgelegt. Damit die Aufenthaltsqualität des Bahnhofsvorplatzes für Fahrgäste auch nutzbar ist, müssen die ÖV-Haltestellen (Straßenbahn und Bus) in den Platz integriert werden.

Integration des Bahnhofs

Die Integration des Bahnhofs in den Stadtteil ist ein weiteres wichtiges Ziel. Der Bahnhof soll kein in sich geschlossenes System bleiben, das nur zum Zwecke der Bahnnutzung aufgesucht werden muss. Um eine Integration zu erreichen müssen die Verbindungen zwischen Bahnhof und Innenstadt auf der einen und Wohngebiet auf der anderen Seite attraktiv gestaltet werden. Dazu sind direkte Zugangswege ohne Umwege für den Fußgänger- und Fahrradverkehr zu schaffen, die durch attraktive öffentliche Räume führen. Durch die Anordnung von publikumsintensiven Nutzungen entlang dieser Wege soll eine hohe Akzeptanz erreicht werden (soziale Sicherheit, Aufenthaltsqualität). Der Bahnhof soll im Schnittpunkt der wichtigsten Fahrrad- und Fußgängerverkehrsachsen liegen, um so zu einem zentralen Knotenpunkt im Fahrrad- und Fußwegenetz zu werden.  Der Bahnhofsplatz soll sich einerseits in das städtebauliche Gesamtgefüge des Stadtteils einpassen, andererseits soll das Bahnhofsgebäue aber auch markantes Erkennungszeichen und Identifikationsobjekt dieses zentralen Ortes sein.

Nutzungsqualität im Bahnhofsumfeld

Durch die Ansiedlung von Geschäften, Läden und Versorgungsbetrieben im Bahnhofsumfeld für die Deckung des täglichen Bedarfs der Bewohner von Uerdingen bzw. des Reisebedarfs der Bahnreisenden kann die Nutzungsqualität im Bahnhofsumfeld erhöht werden. Dadurch wird den Fahrgästen des öffentlichen Verkehrs die angenehme Nutzung von Wartezeiten im ÖV durch Besorgungen und Information in Haltestellennähe ermöglicht. Die Versorgungsmöglichkeiten für Bewohner von Uerdingen am Bahnhof ergänzen das Bahnhofsumfeld um weitere Funktionen, womit die Frequentierung des Bahnhofs erhöht und der Bahnhofsvorplatz belebt wird. Das Prinzip der "Stadt der kurzen Wege" wird durch Nutzungsmischung aus Wohnen und Versorgungseinrichtungen sowie die kleinräumige Zuordnung der erforderlichen Infrastruktur erreicht. Dies ist auch im Umfeld des Bahnhofs notwendig, da der NMIV im Einkaufs- und Versorgungsverkehr einen hohen Anteil hat.

Siedlungsentwicklung an der Bahn

Ein weiteres Ziel ist die Konzentration der Siedlungsentwicklung im Bahnhofsumfeld, d. h. die Ansiedlung neuer Einwohner im 1000-m-Einzugsradius des Bahnhofs. Dies kann durch neue Wohngebiete (Babcock-Gelände, Bahnhofstraße) und Nachverdichtung der bestehenden Wohngebiete (Baulückenschließung im Innenstadtbereich, Neubauten im Uerdinger Norden) geschehen. Durch diese Siedlungsentwicklung nach innen wird die weitere Ausbreitung der Siedlungsfläche im Umland eingeschränkt und das Einwohnerpotenzial entlang der ÖPNV-Achsen vergrößert. Eine möglichst große Einwohnerzahl im Einzugsbereich des Schienenhaltepunkte kann durch eine flächensparende Bauweise erzielt werden. Ein weiterer Aspekt ist die Berücksichtigung des kostengünstigen Wohnungsbaus, da Haushalte niedriger Einkommensgruppen auf Grund der geringeren Pkw-Verfügbarkeit stärker ÖPNV-orientiert sind und daher das Potenzial für den Schienenverkehr weiter erhöhen (vgl. ILS 1999, S. 55f).

4.3.3  Verkehrliche Ziele   [ 1 | 2 | 3 ]

Neue Fahrgastpotenziale

Im engen Zusammenhang mit der Siedlungsentwicklung im Bahnhofsumfeld steht die Schaffung neuer Fahrgastpotenziale für die Bahn. Durch die Ausweisung von Siedlungs- (neue Einwohner), Dienstleistungs- und Gewerbeflächen (Arbeitsplätze und Einkaufs-/Versorgungsmöglichkeiten) im direkten Umfeld des Bahnhofs soll die Nutzung des Verkehrsmittels Bahn für eine größtmögliche Anzahl von Menschen ermöglicht bzw. erleichtert werden. Auf den Siedlungsflächen entstehen neue Einwohnerpotenziale, die die Bahn für Fahrten in die Stadt oder ins Umland nutzen können. Die Ansiedlung von Arbeitsplätzen schafft die notwendige Erreichbarkeit mit der Bahn im Berufsverkehr und durch die Einkaufs-/ Versorgungsmöglichkeiten am Bahnhof werden auch diese mit der Bahn erschlossen.

Zugänglichkeit des Bahnhofs

Es muss sichergestellt werden, dass der Bahnhof für eine größtmögliche Anzahl von Menschen optimal erreichbar ist. Dazu ist vor allem eine Verbesserung der Erreichbarkeit für Fußgänger und Radfahrer (Fußwege, Radwege) erforderlich. Für die Erschließung der neuen Einwohnerpotenziale ist die optimale Erreichbarkeit des Bahnhofs von allen Seiten wichtig, für Uerdingen bedeutet das eine direkte Anbindung des nordwestlichen Wohngebietes. Von einer optimalen Zugänglichkeit profitieren alle Verkehrsmittel am Bahnhof, d. h. neben der Deutschen Bahn vor allem auch die Straßenbahn- und Buslinien. Zur Erhöhung der Zugänglichkeit trägt auch die Förderung des Umweltverbundes durch die Integration des Bahnhofs bei (siehe 4.3.2).

ÖV-Verknüpfung

Die optimale Verknüpfung der einzelnen Verkehrsarten des ÖV (Deutsche Bahn, Straßenbahn, Bus, Taxi) am Bahnhof ist kein direkter Bestandteil dieser Arbeit, muss aber bei der Anordnung der Haltestellen am Bahnhofsvorplatz und bei der Gestaltung der Zwischenbereiche berücksichtigt werden. Die wichtigsten Ziele sind hierbei die Verkürzung der erforderlichen Fußwege für Umsteiger und die haltestellennahe Anordnung von Kurzzeitparkplätzen und Taxistand.  Die Verknüpfung mit dem Busverkehr ist wichtig für die Attraktivität des Zubringerverkehrs zur Erweiterung des Einzugsbereichs über die fußläufige Entfernung hinaus.

Stellplatzangebot

Ein ausreichendes Angebot an Abstellplätzen für Pkw und Fahrräder darf am Bahnhof auch nicht vernachlässigt werden. Die Park+Ride-Plätze müssen dabei so angeordnet werden, dass die Situation auf dem Bahnhofsvorplatz nicht beeinträchtigt wird. Eine überdimensionierung muss hierbei aber vermieden werden, um die Konkurrenz zum Zubringerverkehr mit dem Bus in Grenzen zu halten. Ein attraktives Angebot an Fahrradabstellplätzen ist zur Förderung des Fahrradverkehrs sehr wichtig. Dabei ist es das Ziel, sichere und wettergeschützte Abstellanlagen bereitzustellen. Im neuen Wohngebiet soll eine Optimierung des Parkraumangebotes erreicht werden. Bei der Bemessung der Anzahl notwendiger Stellplätze muss die Situation des öffentlichen Verkehrs berücksichtigt werden. Unter Ausnutzung der Spielräume der Stellplatzverordnungen sollte zur Reduzierung des MIV eine minimale Anzahl von Stellplätzen vorgesehen werden.

Abschnitt 4.2 Inhaltsverzeichnis Abschnitt 5.1

[Seitenanfang]  [zurück]  [Startseite]