Stadt- Bahnperspektiven: Wirkungsabschätzung der räumlich-funktionalen Aufwertung des Bahnhofsbereiches Krefeld-Uerdingen
Abschnitt 4.1 Inhaltsverzeichnis Abschnitt 4.3

4.2   Passantenbefragung in Uerdingen   [ 1 | 2 | 3 ]

Zur zusätzlichen Informationsbeschaffung wurde am Bahnhof Uerdingen eine Passantenbefragung durchgeführt. Am Mittwoch, 10. Mai 2000, wurden in der Zeit von 7:00 bis 12:00 Uhr am Bahnsteig des Bahnhofs Uerdingen insgesamt 59 Fahrgäste (Einsteiger) befragt [13]. Dabei wurden anhand eines Fragebogens Daten zur Nutzung des Bahnhofs Uerdingen, die Bewertung der aktuellen Situation im Bahnhofsumfeld und die Einschätzung von Maßnahmen zur Bahnhofsumfeldverbesserung ermittelt. Der verwendete Fragebogen und die genauen Ergebnisse der Befragung sind in Anhang A wiedergegeben.

4.2.1  Nutzung des Bahnhofs Uerdingen   [ 1 | 2 | 3 ]

Im ersten Teil der Befragung wurden allgemeine Fragen zur Fahrt gestellt. Bei den Fahrtzwecken dominierten Arbeit und Ausbildung mit 36 % bzw. 39 %. Die Fahrtzwecke Einkaufen/Versorgung und Freizeit waren jeweils mit 10 % vertreten. Als weitere Daten wurden die Verkehrsmittelanteile im Zubringerverkehr und die Quell- und Zielorte aufgenommen.


Abbildung 4.11: Verkehrsmittelanteile im Zubringerverkehr aus eigener Befragung und VRR Zählung

Bei den Verkehrsmittelanteilen im Zubringerverkehr (Abbildung 4.11) dominiert eindeutig der Fußgängerverkehr (44 %), daher ist die fußläufige Erreichbarkeit ein wichtiges Kriterium für ein Bahnhofsumfeldkonzept. Der relativ geringe Anteil des Fahrradverkehrs von 7 % kann durch geeignete Maßnahmen am Bahnhof wahrscheinlich gesteigert werden. Dies auch vor dem Hintergrund, dass das Fahrrad in Krefeld eigentlich ein beliebtes Verkehrsmittel ist und im Binnenverkehr einen Anteil von 20 % hat [Krefeld 1998a, S. 34]. Etwa ein Viertel der Fahrgäste kommen mit anderen öffentlichen Verkehrsmitteln zum Bahnhof (Bus: 22 %, Straßenbahn: 5 %). Damit wird der regionale Einzugsbereich des Bahnhofs vor allem in den benachbarten Stadtteilen abgedeckt. Der Anteil der Fahrgäste, die mit dem eigenen Fahrzeug zum Bahnhof kommen, war in der eigenen Befragung mit 15 % fast doppelt so hoch wie bei einer Zählung des VRR aus dem Jahr 1996 (8 %). Die vorhandene Park+Ride-Anlage ist im Berufsverkehr voll ausgelastet, so dass ein ausreichendes Stellplatzangebot hier auf jeden Fall erforderlich ist.


Abbildung 4.12: Fahrtquellen der Fahrgäste am Bahnhof Krefeld-Uerdingen [eigene Befragung]

Woher die Fahrgäste zum Bahnhof Uerdingen kommen, kann Abbildung 4.12 entnommen werden. Entsprechend dem hohen Fußgängeranteil im Zubringerverkehr kommen mehr als die Hälfte der Fahrgäste aus Uerdingen selbst (insgesamt 51 %). Dabei entspricht der Anteil der Fahrgäste, die aus dem nordwestlich der Bahngleise gelegenen Wohngebiet kommen, von 37 % nicht dem Anteil der Bewohner dieses Gebietes an der Uerdinger Stadtteilbevölkerung von 65 %. Das ist ein Anzeichen dafür, dass mit einer verbesserten Anbindung dieses Wohngebietes an den Bahnhof eine Steigerung der Bahnfahrgäste erreicht werden kann. 29 % der Fahrgäste kommen aus anderen Stadtteilen von Krefeld, dabei vor allem aus Bockum und Gartenstadt, und 15 % kommen aus Duisburg zum Bahnhof in Uerdingen, dabei vor allem aus dem Stadtteil Kaldenhausen. Der Einzugsbereich des Bahnhofs erstreckt sich also auch auf die benachbarten Stadtteile, weshalb deren Anbindung an den Uerdinger Bahnhof mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Bus) von großer Bedeutung ist.

Die wichtigsten Fahrtziele mit der Bahn vom Bahnhof Uerdingen aus sind in Abbildung 4.13 dargestellt. Der mit 61 % größte Anteil der Fahrgäste fährt nach Duisburg oder mit Umstieg in Duisburg Hbf weiter ins Ruhrgebiet (Essen, Dortmund, Oberhausen etc.). Dies ist eine Bestätigung für die starken Fahrgastströme auf der Relation Krefeld - Duisburg/Ruhrgebiet, die für die S-Bahn erwartet werden. Ein Drittel der Befragten gab als Fahrtziel Krefeld Hbf an, wobei ein Teil dieser Personen Umsteiger auf Straßenbahn, Deutsche Bahn oder K-Bahn mit den Fahrtzielen Krefelder Stadtteile, Kleve oder Düsseldorf sind. Ca. 10 % der Befragten fahren nach Mönchengladbach. Fahrgäste aus Uerdingen fahren etwa je zur Hälfte Richtung Krefeld Hbf und Duisburg Hbf (ca. 15 % nach Mönchengladbach). Das gleiche gilt für die Fahrgäste, die aus Duisburg (Kaldenhausen) kommen. Über 90 % der Personen, die aus anderen Stadtteilen von Krefeld (Bockum, Gartenstadt) oder Meerbusch zum Bahnhof Uerdingen kommen, fahren aber mit der Bahn nach Duisburg Hbf.

Anteile im Binnenverkehr in Krefeld sind abgesehen von Krefeld Hbf so gut wie nicht vorhanden. Keiner der Fahrgäste gab als Fahrziel die anderen Krefelder Haltepunkte Forsthaus, Oppum, Linn oder Hohenbudberg an. Dies bedeutet, dass aus diesen Stadtteilen auf Grund des niedrigen Ausgangsniveaus hohe Zuwächse der Fahrgastzahlen für die S-Bahn erwartet werden können. Der relativ hohe Anteil an Fahrgästen mit dem Ziel Krefeld Hbf zeigt aber, dass der Nahverkehr der Bahn auf der Relation Uerdingen - Hauptbahnhof im Vergleich zur Straßenbahn durchaus attraktiv ist.


Abbildung 4.13: Fahrtziele mit der Bahn vom Bahnhof Krefeld-Uerdingen [eigene Befragung]

Abschließend wurden Fragen zur Frequentierung des Bahnhofs und zur Häufigkeit der Bahnnutzung gestellt. Dabei wirkte sich der hohe Anteil an Arbeits- und Ausbildungspendlern aus. 66 % der Befragten fahren täglich oder fast täglich (werktäglich) mit der Bahn. Die Frage "Wann waren Sie zuletzt am Bahnhof?" beantworteten 56 % der Personen mit "gestern" und 25 % mit "innerhalb der letzten Woche". Das bedeutet, dass insgesamt mehr als 80 % der Befragten regelmäßig (mehrmals pro Woche) am Bahnhof Uerdingen sind und daher mit der Situation im Bahnhofsumfeld sehr gut vertraut sind.

4.2.2  Bewertung des Bahnhofsumfeldes in Uerdingen   [ 1 | 2 | 3 ]

Im zweiten Teil der Befragung wurden die Teilnehmer gebeten die Situation am Bahnhof und im Bahnhofsumfeld von Uerdingen für verschiedene Elemente zu bewerten. Die Bewertung erfolgte dabei in Schulnoten von 1 wie "sehr gut" bis 6 wie "ungenügend". Die ermittelten Gesamtnoten und die Notenverteilung sind in Abbildung 4.14 dargestellt, Anhang A enthält weitere Daten.

Mit guten Noten werden die Erreichbarkeit des Bahnhof zu Fuß und mit dem Fahrrad bewertet. Dabei wird die fußläufige Erreichbarkeit des Bahnhof von Personen, die aus dem nordwestlichen Teil von Uerdingen kommen, mit einer Gesamtnote von 2,9 aber wesentlich schlechter bewertet als von Personen aus dem Uerdinger Zentrum (Gesamtnote 2,2). Der Grund hierfür ist offensichtlich der fehlende Tunneldurchstich. Auch das Park+Ride-Angebot und die Verknüpfung der Bahn mit Straßenbahn und Bus werden allgemein als gut angesehen. Allerdings bewerten Fahrgäste, die nur einmal im Monat oder seltener mit der Bahn fahren, die Verknüpfung zwischen Bahn und Strab/Bus mit einer Gesamtnote von 3,5 schlechter als regelmäßige Bahnnutzer (Gesamtnote 2,5). Allgemein schlechter bewertet wird allerdings das Bike+Ride-Angebot. Der Grund hierfür sind fehlende Fahrradabstellanlagen am Bahnhof. Die vorhandenen Fahrradabstellplätze sind meistens überfüllt und bieten keine ausreichende Sicherung der Fahrräder.

Die Sicherheit am Bahnhof wird sehr unterschiedlich beurteilt (Durchschnittsnote: "ausreichend", aber alle Benotungen sind ungefähr gleich stark vertreten). Die Beurteilung ist sehr vom persönlichen Empfinden und der Zeit der Nutzung (tagsüber oder nachts) abhängig. Allgemein wird die Sicherheit am Tag als gut angesehen, bei Dunkelheit ist sie allerdings stark verbesserungsbedürftig.


Abbildung 4.14: Beurteilung der aktuellen Situation am Bahnhof [eigene Befragung]

Während die Bahnsteigausstattung (Sitzgelegenheiten, Wetterschutz, Information) und der Bahnsteigzugang (Treppenanlage) noch mit "ausreichend" bewertet werden, schneiden die Nutzungen im Bahnhofsgebäude und der Zustand des Bahnhofstunnels am schlechtesten ab. Der fehlende Fahrkartenschalter wurde am häufigsten bemängelt. Die Nutzung als Kiosk, der zur Zeit in einem getrennten Gebäude etwas abseits auf dem Bahnhofsvorplatz untergebracht ist, wurde für das Bahnhofsgebäude gewünscht. Positiv wurde nur die vorhandene Taxirufzentrale beurteilt. Wie erwartet schneidet der vorhandene Bahnhofstunnel bei der Bewertung mit einer Durchschnittsnote von 5,2 am schlechtesten ab. Der schlechte Zustand, vor allem die Verunreinigungen durch Schmierereien und Urinalen wurden am häufigsten bemängelt.

4.2.3  Maßnahmen eines Bahnhofsumfeldkonzepts   [ 1 | 2 | 3 ]

Der dritte Teil der Befragung befaste sich mit möglichen Maßnahmen zur Verbesserung des Bahnhofsumfeldes von Uerdingen. Die einzelnen Maßnahmen wurden den Befragten anhand einer graphischen Darstellung eines Bahnhofsumfeldkonzeptes erläutert (Abbildung A.1 in Anhang A). Die konkrete Fragestellung lautete, wie wichtig die einzelnen Maßnahmen für die Entscheidung sind, häufiger mit der Bahn zu fahren. Dabei konnte die Wichtigkeit auf einer Skale von 1 für "sehr wichtig" bis 5 für "nicht wichtig" angegeben werden (Abbildung 4.15). Neben konkreten Maßnahmen am Bahnhof selber, wurden zum Vergleich auch die Wichtigkeit von Elementen des Verkehrsangebotes abgefragt.

Der Tunneldurchstich zur besseren Anbindung des nordwestlichen Wohngebietes, die Verbesserung des Bahnsteigzugangs durch einen Aufzug und die Verbesserung der Aufenthaltsqualität auf dem Bahnhofsvorplatz wurden von 60 % der Befragten für "wichtig" oder "sehr wichtig" befunden. Einen hohen Stellenwert nimmt ebenfalls die Verbesserung der Sicherheit ein, die von mehr als 70 % als "wichtig" oder "sehr wichtig" eingestuft wird. Die Ansiedlung von Geschäften und Läden im Bahnhofsgebäude und am Bahnhofsvorplatz hat keine hohe Priorität. Nur ca. 40 % finden diese Maßnahme "wichtig", ein gleich großer Anteil betrachtet diese Maßnahme als "eher nicht wichtig" oder "nicht wichtig".


Abbildung 4.15: Wichtigkeit verschiedener Maßnahmen im Bahnhofsumfeld [eigene Befragung]

Wie bereits aus der Beurteilung der aktuellen Situation am Bahnhof ersichtlich war, ist die Verbesserung des Bike+Ride-Angebotes eine sehr wichtige Maßnahme (60 % "wichtig" oder "sehr wichtig"), während die Park+Ride-Anlage von 60 % der Befragten als "eher nicht wichtig" oder "nicht wichtig" angesehen wird.

Bei der Wichtigkeit von Merkmalen des Verkehrsangebotes am Bahnhof Uerdingen zeichnet sich eine eindeutige Tendenz ab. Die Pünktlichkeit der Züge wird von der überwiegenden Mehrheit (90 %) als "wichtig" oder "sehr wichtig" betrachtet, während das aktuelle Fahrtenangebot von drei Zügen pro Stunde als ausreichend angesehen wird. Der Einfluss des Fahrpreises ist ebenfalls relativ wichtig. Bei der Frage nach dem Einsatz neuer komfortablerer Fahrzeuge zeigt sich eine breite Streuung der Meinung über die Wichtigkeit. Die Auswirkungen dieser Maßnahme sind stark vom persönlichen Geschmack abhängig, so dass alle Wichtigkeitsstufen bei der Befragung ungefähr gleich vertreten waren.

Die letzte Frage bezog sich konkret auf das Konzept der Siedlungsentwicklung an der Schiene. Es wurde gefragt, wie wichtig es ist, in der Nähe eines Bahnhofs zu wohnen, für die Entscheidung mit der Bahn zu fahren. Bei den Antworten sind beide Extreme gleichermaßen vertreten und es wurde deutlich, dass die Befragten diesen Aspekt sehr gut einschätzen konnten. Für ca. 60 % der Fahrgäste ist ein Wohnstandort in Bahnhofsnähe "nicht wichtig", da sie auch aus größerer Entfernung den Bahnhof gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem eigenen Auto erreichen können. 40 % der Befragten gaben aber auch an, dass ein solcher bahnhofsnaher Wohnstandort wichtig ist, um mit der Bahn fahren zu können. Einige machten sogar deutlich, dass sie vor allem aus diesem Grund in die Nähe der Bahnhofs Uerdingen gezogen sind.

Zum Schluss wurde auch gefragt, ob es sich auf die Frequentierung des Bahnhofs und auf die Bahnnutzung auswirkt, wenn diese Maßnahmen insgesamt realisiert werden (Abbildung 4.16). Auf Grund des hohen Anteils der (fast) täglichen Bahnnutzer lag der Anteil derjenigen, die nicht öfter zum Bahnhof kommen würden, und derjenigen, die nicht öfter mit der Bahn fahren würden mit 56 % bzw. 59 % sehr hoch. Immerhin 15 % der Befragten gaben aber an, dann viel häufiger mit der Bahn fahren zu wollen, 9 % würden gelegentlich öfter mit der Bahn fahren. Für die Frequentierung des Bahnhofs lagen diese Zahlen bei 10 % bzw. bei 17 %. Dies zeigt die vorhandenen Potenziale auf, die durch geeignete Maßnahmen im Bahnhofsumfeld für die Bahn mobilisiert werden können.


Abbildung 4.16: Auswirkungen der Bahnhofsumfeldverbesserung auf die Frequentierung des Bahnhofs und die Bahnnutzung [eigene Befragung]


[13] Eine Befragung der Passanten in der Innenstadt von Uerdingen und im nördlich der Bahnstrecke gelegenen Wohngebiet war ebenfalls vorgesehen. Auf Grund der geringen Teilnahmebereitschaft der Passanten in der Innenstadt wurde die Befragung dann aber auf den Standort Bahnsteig beschränkt. Auch war ein Großteil der Befragten in der Innenstadt nicht bereit oder in der Lage, Fragen bzgl. des Bahnhofsumfeldes zu beantworten.

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